Freitag, 12. September 2025

Shrnutí

Erinnert Ihr Euch noch an das Vorwort zu diesem Blog?
Ziemlich am Ende stand:
"Am 1. September reise ich nach Prag (... ) weiss ich auch noch nicht genau - warum.
Wir werden sehen.
"

Meine Vorfahren kamen alle von "Ander
swo". 
Ausser aus Russland, Holland und der Tschechei gabs da noch Norditalien und Deutschland.

Die Alten sind alle tot und meine Generation ist die nächste, die gehen wird. 
Kaum eine:r von ihnen ist dort begraben, wo sie/er geboren wurde. 
Alle sind gereist, für die Arbeit, die Liebe oder auf der Flucht vor dem Krieg. Hinterlassen haben sie Häuser und Gräber und Kinder, Enkel, Urenkel und die jüngste Generation, die vor wenigen Monaten in Australien geboren wurde: Willkommen Macie Jane. 
Niemand von uns ist je ein Alteingesessener gewesen, alle waren immer Zuwanderer, niemand von ihnen wurde berühmt oder steinreich.

Alle habe geschuftet ihr Leben lang, es gab Christen, Atheisten und Kommunisten unter ihnen. Was es aber nie gab war ein Bonze oder ein unlauterer Geschäftemacher, der anderen das Blut aussaugte. Soweit ich das weiss waren die meisten von ihnen hilfsbereit und gastfreundlich und, soweit möglich, ehrlich.

Was sie aber auch alle waren: sie waren eine besondere Art Nomaden, wie es sie seit Beginn der Industrialisierung wieder gab. Irgendwann gaben sie die Höfe und Stallungen auf - aus welchen Gründen auch immer - und zogen los um ihr Glück zu machen.

Dieses Jahr habe ich zwei Herkunftsorte abgeklappert: 
meinen eigenen im Mai und den meines Grossvaters mütterlicherseits in den vergangen 10 Tagen.

So bin ich in meinen Knochen und von meiner Sozialisation her einfach ein Europäer. 
Das habe ich nie so sehr gespürt, wie in den USA, in Japan und hier und heute in Prag, das einmal eines der Zentren des alten Europas war. 
Es gibt absolut keinen Grund stolz darauf zu sein und von Ehre oder Blut zu labern und schon grad überhaupt keinem für irgendeinen Nationalismus, aber es gibt auch keinen Grund dem Kopf in den Sand zu stecken, angesichts der derzeitigen Weltlage.

Was uns Europäer:innen gut tut, ist die eigenen Interessen zu verfolgen und die eigene Identität zu finden, genau wie Prag und ganz Tschechien. Gemeinsam treiben wir im Strom der  Globalisierung und versuchen den Kopf über Wasser zu halten, während der Plastikmüll von TEMU um uns herum schwimmt und die Abgase von, inzwischen weit über 1 Milliarde, Autos, uns die Luft zum Atmen nimmt.

So schliesst sich nach 11 Tagen der Kreis.
Ich denke an ein Zitat, das wohl nur noch in meiner Erinnerung existiert, es geht etwa so:
"Erst am Ende offenbart sich dem Reisende der Sinn seiner Reise"

So also "Butter bei die Fische" * ... was war der Sinn meiner Reise nach Prag?

Es tut einfach gut die Perspektive zu wechseln.
Das, was aus dem immer gleichen Blickwinkel ausschaut wie eine dicke kurze Line mit Schriftzeichen, entpuppt sich vielleicht als Buch, wenn man den eigenen Körper nur ein paar Zentimeter seitlich bewegt.
Ein Buch, in dem möglicherweise eine ganz neue Welt beschrieben ist.

Was ich gelernt habe ist ... mal wieder:
... dass ich den Bildern in meinem Kopf keine Macht geben darf. 
... dass es überall liebenswerte, freundliche und vor allem lustige Menschen gibt.
... dass die meisten Menschen einfach versuchen ihr Leben auf die Reihe zu bringen.
... dass ich nichts über den Einzelnen und seine Beweggründe weiss.
... dass man Arschlöcher an ihren Handlungen erkennen kann.

Das Barmädel im Café Damu und ich können uns kaum verständigen. Die gesamte Kommunikation läuft nur über Mimik, Gestik und ein paar Brocken Englisch. 
Doch wenn wir uns sehen, dann lächeln wir beide und ein Mal bekamen wir gleichzeitig einen Lachanfall.
Uns verbindet fast gar nichts ... sie ist jung, ich bin alt ... sie arbeitet, während ich meine Zeit totschlage ... sie ist eine attraktive Frau und ich ein alter Sack.
Was es aber so lustig macht ist, dass wir beide einfach Menschen sind, die sich vertrauen, nicht mehr und nicht weniger.

Bregman hat recht:
Es wird Zeit für ein neues Menschenbild.

Die Inuit machen Folgendes, wenn jemand einen guten Jagderfolg hatte:
Sie sagen, das Fleisch sei nicht besonders und es sei keine besondere Leistung gewesen
und wenn jemand gar prahlt mit seinem Erfolg, lachen sie ihn aus.
Das hat die Anzahl der Flachwixer unter den Inuit vermutlich auf einem Niveau unter der Nachweisgrenze gehalten.

Ich freue mich auf mein Sofa in Luzern und habe ein wenig Abschiedswehmut wegen Prag.

ENDE



* norddeutsche Aufforderung auf den Punkt zu kommen










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